Vorweg: Natürlich betrachtet man das Instrument mit dem Preis von 449 Euro im Hinterkopf. Meine Eindrücke sind natürlich subjektiv und ich mache keine detailierte Auflistung der Features, die stehen ja in der Beschreibung des Instruments ;-)
Ich habe schon einen echten MusicMan Sting Ray besessen und über Jahre gespielt, der ein Vielfaches des Ibanez gekostet hat.
Er hat aber immer einen Kompromiss für mich dargestellt, musste mich immer verbiegen, damit die Kiste in meinen Händen gut klang. Und jetzt der Ibanez?
Ich brauchte als Begleiter für meinen 5-Saiter Spector einen Spielkameraden, der als Ausgleich für die schweren Hardrock-/Alternative-Klänge auch mal spielerische Licks zulässt.
Los geht's.
1. Optik und Haptik
Nach dem Auspacken der erste Wow-Effekt: Die Effekt-Lackierung ist ein Traum, zusammen mit der goldenen Hardware ein Hingucker, den meine Frau sofort als Deko ins Wohnzimmer stellen wollte!
Nix da.
Das matte Finish ist der Hammer und das Holz fasst sich warm an, der Bass legt sich bequem in den Schoß und möchte sofort bespielt werden.
Einziges Manko der matten Lackierung ist sicherlich eine erhöhte Stoß- und Kratzempfindlichkeit, aber da kommt es wohl in erster Linie auf die Behandlung durch den jeweiligen Artisten an: Du kannst auch matte Folierung auf Deinem Auto haben und wirst damit auch nicht jeden Schotterweg langheizen wollen. Ich jedenfalls liebe die Optik und nutze ihn eh nur als Einspieler im Studio oder am PC - Bühnenerfahrung wird das gute Stück nie machen...
2. Gewicht, Form
Mit knapp 4 Kilogramm wohltuend leicht, sowohl im Sitzen für lange Studiobespielung als auch im Stehen schulterschonend. Prima.
Die Form mit der schlanken Erscheinung ist tatsächlich auch ein Plus für die Bespielbarkeit: Das Erreichen sogar des letzen Bundes (meist wohl eher theoretisch...) ist gut möglich.
Mit auch relativ kurzen Fingern ist der Ibanez fantastisch zu bespielen! Ein schlanker und vor allem schmaler Hals ermöglichen ein Handling, dass ich vom MusicMan nicht kannte. Läufe sind ein Traum und gehen einfach von der Hand.
3. Klang und Ausstattung
Jetzt kommt tatsächlich ein kleiner Minuspunkt: Beim Anschließen muss der Klinke-Papa in die schräg eingelassene Klinken-Mama. Diese Schräge bewirkt, dass ein Teil der Bohrung einen teilweisen sehr dünnen Rand aufweist, der bei häufiger Nutzung vielleicht das Holz absplittern lassen kann. Aber auch hier kommt es sowohl auf Umsichtigkeit des Nutzers als auch auf seine Intention an: Die geilsten Gitarren und Bässe haben in ihrem Leben eh die tiefsten Schürfwunden! So what....
Die Vorspannung der Saiten muss bei meinem Ibanez stark korrigiert werden, was aber mit einem auf den Kopf aufgesetzten Tuner kein Ding ist. Ein Justieren des Halses oder tiefgreifendere Korrekturen bleiben erwartungsgemäß aus, kein Schnarren oder sonstige Missklänge, die Saitenlage und -abstände sind in der Toleranz.
Wie beschrieben gehe ich nicht näher auf die unterschiedlichen Klangmöglichkeiten ein, die sind ja in der Produktbeschreibung enthalten.
Aber was man dann alles in den einzelnen Einstellungen zu hören bekommt, ist ein Knaller und ich muss gestehen, dass ich noch nicht alles durchexerziert habe. Von bollerig Prollig über feinste und präzise melodischer Begleitung bis hin zu knackigem Pop und Slap macht der Ibanez einfach alles mit.
Nun kommt wieder der Preis in den Kopf: Es wird sich über eine längere Spielzeit zeigen, wie beständig und robust die Hardware, speziell die Elektrik und die Poties sind. Wann beginnt ein Kratzen? Wie lange bleiben die Poties exakt in ihren Bewegungen?
Da muss der Vergleich zum MusicMan herhalten: Der hat über fast 20 Jahre gezeigt, was Qualität bedeutet: Kein Kratzen, kein Spiel in den Poties, kein Nachlassen des Klanges...
4. FAZIT:
Ich habe zum ersten Mal - vor über 30 Jahren - ein solches Gefühl beim Anspielen eines Basses gehabt: Bei meinem Warwick Streamer Stage 1. Lange ist es her.
Du nimmst den Bass in die Hand, legst los und Du empfindest eine Einheit, wie man sie schlecht beschreiben kann. Der Bass passt einfach zu Dir - aus eben den oben genannten Gründen.
Mein Eindruck, meine Erfahrung, meine Kritik. Mehr eben nicht.
Aber für den Preis mehr als eine Empfehlung!